I n Südtirol sind viele alte Bräuche und Traditionen noch lebendig, die anderswo schon längst vergessen und ausgestorben sind. Ein solcher alter Brauch ist das Scheibenschlagen, das alljährlich am ersten Fastensonntag vor allem im oberen Vinschgau gefeiert wird.
Diesen Sonntag, den 18. Februar 2018 ist es wieder soweit und an den Berghängen des oberen Vinschgaus erhellen feurige Lichter die dunkle Nacht. Schon seit Tagen bereiten sich die Einheimischen auf den ersten Fastensonntag, den auch sogenannten „Kas- oder Funkensonntag“ vor. Die Scheiben, runde dicke Holzstücke mit einem Loch in der Mitte, werden bereitgelegt. An den Berghängen, auf großflächigen Wiesen wird das Feuerholz aufgetürmt und dient so als riesiges Lagerfeuer. Das Scheibenschlagen selbst beginnt dann am Sonntag in der Abenddämmerung.
Jede Scheibe wird im Feuer so stark erhitzt bis diese zu glühen anfängt. Diese wird dann entweder mit einem Gruß des Schlägers an eine andere Person oder mit einem kleinen Reim oder Spruch in die Dunkelheit geschleudert. Ein typischer Scheibenschlagen-Spruch im Obervinschgau: „Kas in der Tosch, Wein in der Flosch, Korn in der Wonn, Schmolz in der Pfonn, Pfluag in der Eard, Schaug wia main Scheibele ausigeat.“ Je schöner und weiter die Scheibe fliegt, desto mehr Glück wird dem Werfer zugesprochen. Oft werden die Scheiben so speziell Liebespärchen gewidmet.
Fruchtbarkeitsritual und poetische Austreibung des Winters
Vor allem im oberen Vinschgau von Schlanders bis Mals und Tartscher Bühel wird jedes Jahr das traditionelle Scheibenschlagen zelebriert. Dabei wird der Winter ausgetrieben und die Liebe und Fruchtbarkeit in einem Feuerritual poetisch beschworen.Dieser sehr alte Brauch wurde im Jahre 1090 das erste Mal erwähnt.
Die beim Scheibenschlagen aufgestellten hohen, kreuzähnlichen und mit Stroh umwickelten Holzstangen und Querbalken, den sogenannten „Larmstangen“ oder „Kasfängga“ oder „Hex“, ähneln dem alten Symbol der Weiblichkeit. Daraus lässt sich dieser Brauch auch als ursprünglicher Fruchtbarkeitsritus deuten.
Damit das Frühjahr sein blühendes Gesicht zeigen kann, müssen zuerst die Dämonen der Kälte und der Finsternis ausgetrieben werden. Bewusst werden die Feuer außerhalb des Dorfes auf einer kleinen Anhöhe aufgestellt und nach Anbruch der Dunkelheit unter lautem Geschrei entzündet. Dies soll böse Geister vertreiben und Segen und Schutz für das Dorf bringen.
Zu Ende ist der Brauch spät in der Nacht, wenn alle Scheiben aufgebraucht sind.
Südtiroler Tradition haut nah erleben – wir wünschen viel Vergnügen!